|
Gewerbliche Dermatitis durch Wolfsmilcharten (Euphorbiaceen). Von Otto Geßner. (Aus dem Pharmakologischen Institut der Universität Marburg.) Im botanischen Garten der Universität Marburg war am 2. Juli 1934 die Gartenarbeiterin L. erstmalig damit beschäftigt, ein Beet zu jäten, das mit verschiedenen, auch in Deutschland heimischen Wolfsmilcharten, und zwar mit Euphorbia pilosa L., Euphorbia salicifolia Host. und Euphorbia Gerardiana Jacq., bestanden war. Der beim Jäten aus den abgerissenen Pflanzenteilen ausfließende Milchsaft kam nicht nur an die Hände, sondern auch an die Haut der unbekleideten Unterarme. Nach 4 – 5 Tagen erschienen an der Haut der Unterarme, ohne dass Jucken oder andere Reizerscheinungen vorausgegangen waren, scharf abgegrenzte, nicht erhabene und stark gerötete Flecken. Da kein Juckreiz bestand, war der genaue Zeitpunkt des Auftretens der Flecken nicht beobachtet worden. Bis zum 7. Juli morgens hatten sich innerhalb der roten Flecken Bläschen mit „wässrigen“ Inhalt gebildet. Auch in diesem Stadium bestand weder Juckreiz noch Schmerz. In den folgenden Tagen trockneten die Bläschen allmählich ein. Die Hauterscheinungen verschwanden ohne Narbenbildung. Zwei weitere von mir befragte Arbeiter (Frl. R. und Herr M.), die schon einige Jahre im botanischen Garten in Marburg tätig waren und schon mehrere Male dasselbe Beet mit denselben oben genannten Wolfsmilcharten gejätet hatten, gaben an, dass auch sie nach dem Jäten des Euphorbiaceenbeetes dieselben Hauterscheinungen bekommen hätten wie sie oben beschrieben sind, dass dies aber nur beim erstenmal geschehen sei. Im zweiten Jahre seien nach dem Jäten des Wolfsmilchbeetes, trotzdem dies wie beim erstenmal mit unbekleideten Unterarmen und ohne irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen vorgenommen worden sei, Hauterscheinungen nicht mehr aufgetreten. Im Sommer des Jahres 1935 zeigte es sich, dass auch bei der Gartenarbeiterin L., als sie nun zum zweiten Mal das Euphorbiaceenbeet jätete, Hauterscheinungen nicht mehr auftraten, dass es somit auch in diesem Falle zur Gewöhnung gekommen war. Im übrigen waren in der Literatur Angaben über eine solche Gewöhnung nicht zu finden. Die wirksamen Stoffe des Milchsaftes der Euphorbiaceen sind stickstofffreie Substanzen, vor allem Euphorbinsäure bzw. deren Anhydrid und das kristallisierende Euphorbon. Über die stark hautreizende Wirkung der Euphorbiaceen berichtet schon Kobert (Kobert: Lehrbuch der Intoxikationen, 1906, S. 553). Nach Touton (Touton: Beitr. Biol. Pflz. 19, 1. (1932) sind die Hautreizungen durch Euphorbiaceen sehr verbreitet und z.T. schwerer Art. Extrakte aus Euphorbiaarten (früher u.a. zur Entfernung von Warzen und Sommersprossen benutzt) verursachen nach Touton erysipelartige, vesikulöse, pustulöse und phlegmonöse Entzündungen, gelegentlich schwerste Gangraen, und zwar sollen am stärksten wirken Euphorbia lactea, Euphorbia Myrsinitis, Euphorbia helioscopia, Euphorbia cyparissias, Euphorbia characias, Euphorbia peplus, Euphorbia esula und Euphorbia platyphyllos. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. Otto Geßner, Halle (Saale), Pharmakologisches Institut der Universität, Hindenburgstr. 22a. Quelle: Geßner, O.: Gewerbliche Vergiftung durch Wolfsmilcharten (Euphorbiaceen). Sammlung Vergiftungsfälle, Band 7, A 651, S. 217 - 218, 1936. |
Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an:
|