|
Petroleum-Vergiftungen bei Kindern. Bericht von Julian P. Price, Florence, S.C. (USA). Petroleum-Vergiftungen kommen selten vor bei Kindern und sind daher wenig beschrieben in der Literatur. Das ist umso auffälliger, als Petroleum vielfach im Haushalt gebraucht wird, auf dem Lande noch sehr verbreitet ist und gewöhnlich ohne besondere Vorsichtsmaßregeln aufgehoben wird In den letzten zwei Jahren wurden hier vier Fälle von Petroleum-Vergiftung beobachtet, bei denen das Petroleum getrunken wurde. Fall 1. Ein Negerkind von 1 Jahr trank aus einer Petroleumkanne, die es beim Spielen gefunden hatte. Durch sein Schreien und Husten wurde die Mutter aufmerksam, die es ins Hospital brachte. Bei der sofort vorgenommenen Magenspülung wurden beträchtliche Mengen Petroleum zutage gefördert. Hinterher wurde ein Abführmittel gegeben. 1 Stunde nach der Aufnahme war das Kind wieder normal. Puls und Atmung waren gut, keine Anzeichen von Zyanose, kein Brennen im Mund und Hals. Nachträgliche Folgen der Vergiftung traten nicht ein. Fall 2. Ein 2jähriges weißes Mädchen fand beim Spielen in der Sommerfrische eine Flasche mit Petroleum und trank vom Inhalt. Sofort setzte starkes Husten ein und nach 10 Minuten Kollaps. Da ein Arzt nicht zu erreichen war, leistete eine Kinderpflegerin die erste Hilfe. Sie machte eine Magenspülung und gab Magnesia. Die Haut des Kindes wurde kalt und feucht, die Lippen wurden blau und der Puls schwach, kurz alle Zeichen von Koma. Dann brachte man das Kind in ein 3 Stunden entferntes Krankenhaus. Bei seiner Ankunft hier hatte es das Bewusstsein wieder erlangt. Der Puls war schnell und hart, die Atmung erschwert. Leichte Zyanose. Innerlich wurde Coffein gegeben, dazu äußerlich warme Umschläge. In 12 Stunden hatte sich das Kind vollkommen erholt. Puls und Hautfarbe waren wieder normal. Nach 35stündiger Beobachtung wurde es als vollkommen geheilt entlassen. Keinerlei nachteilige, spätere Folgen. Fall 3. Ein weißer Junge von 18 Monaten trank aus einer Petroleumkanne, die er gefunden hatte; wie viel war nicht zu ermitteln, mindestens aber 2 – 3 Schluck. Das sofort hustende Kind wurde zum Arzt gebracht, der eine Magenspülung vornahm und Magnesia gab. Da das Kind hinterher matt schien und schwer atmete, kam es ins Krankenhaus. Bei der Einlieferung war das Kind bewusstlos, die Temperatur stieg zusehends und hatte 7 Stunden nach der Aufnahme 39°C erreicht. Trotzdem kein Geräusch in den Lungenfestzustellen war, wurde die Atmung immer schwerer. Dann ließen die Erscheinungen plötzlich nach: in 18 Stunden war das Kind wieder vollkommen normal und zeigte seine gewohnte Munterkeit. Nachteilige Folgeerscheinungen traten nicht ein. Fall 4. Ein 11 Monate alter weißer Junge trank Petroleum und bekam sofort starken Husten, der die Aufmerksamkeit der Wärterin erregte. Man brachte das Kind zu einem Arzt, der süße Milch und dann ein Brechmittel gab. Im Erbrochenen fand sich nur wenig Petroleum. Dann kam das Kind ins Krankenhaus, wo eine Magenspülung vorgenommen wurde. Mit Rücksicht auf leichten Kollaps erhielt es Coffein und Atropin und wurde dann bis auf erschwerte Atmung ziemlich normal. Nach einer unruhigen Nacht verweigerte das Kind am folgenden Morgen die Aufnahme von Flüssigkeit, daher rektale Ernährung, aber ohne Erfolg. Dextrose intravenös. Am Mittag setzten Unruhe und leichte Zyanose ein, worauf Codein als Sedativum gegeben wurde, dann nochmals Dextrose und Packung mit heißen Schwämmen. Infolge weiterer Verschlechterung wurde gegen 3 Uhr der Hausarzt gerufen, der ein knisterndes Emphysem an Brust und Nacken feststellte. Die Atmung wurde weiter schlechter. Trotz aller Stimulantien verfiel das Kind mehr und mehr, der Puls wurde immer schwächer, die Lippen wurden blau. In der linken Brust war Rasseln zu hören. Um 1 Uhr nachts trat der Tod ein. Leichenöffnung wurde nicht gestattet. Bei de Lungen waren im Röntgenbild voll gesprenkelter Schatten, offenbar Zeichen der Bronchopneumonie. Die vier Fälle zeigen, dass die Petroleum-Vergiftung nicht immer in gleicher Weise verläuft. Die Giftigkeit des Petroleums hängt zunächst von seinem Gehalt an leicht flüchtigen Bestandteilen ab. Dann kommt es auf die Menge an, die nach dem Trinken beim Husten in die Lunge gekommen ist. Petroleum-Vergiftung nur durch Einatmung ist bei Erwachsenen in industriellen Betrieben oder zufällig vorgekommen. Die Symptome einer Petroleum-Vergiftung sind verschieden und hängen von der Art und der menge des getrunkenen Petroleums ab. Sie können in drei Gruppen eingeteilt werden: a) Erscheinungen infolge Einführung des Petroleums in den Magen. b) Folgen der Einatmung des Petroleums als Flüssigkeit beim Husten und c) Folgen nach der Einatmung von Petroleumdämpfe. Die orale Petroleum-Vergiftung beginnt mit Reizung der Verdauungsorgane, Brennen im Mund, Schlund und Magen, Erbrechen und später Schmerzen beim Harnlassen. Im Blut der Vergifteten ist Methämoglobin gefunden worden. Erwachsene haben gelegentlich nach Einatmung von Petroleum die Symptome einer leichten Alkoholvergiftung gezeigt. Im allgemeinen ist die Behandlung der Fälle wenig befriedigend. Ein eigentliches Gegengift gegen Petroleum ist nicht bekannt. Magenspülung und Abführmittel sind das beste. Stimulantia können, wenn erforderlich, gegeben werden. Der Patient muss hinterher mindestens 24 Stunden beobachtet werden. (Ausführlicher Bericht in J. amer. med. Assoc. 1932, Bd. 99, S. 214.) Referent: A. Brüning (Berlin). Quelle: Brüning, A.: Petroleum-Vergiftungen bei Kindern. Sammlung von Vergiftungsfällen, Band 4, A 385, S. 245 - 246, 1933 |
Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an:
|