Atropa bella-donna L. Namen: Tollkirsche, Schafsbinde, Schwindelkirsche, Teufelsbinde, Teufelskirsche, Waldnachtschatten, Wutbeere. Historie: Die Giftigkeit der Pflanze ist schon sehr lange bekannt. Man schätzt das dies seit 10.000 - 20.000 Jahren zu dem Wissen der Völker gehörte, denn die Pflanze wurde in der europäischen Steinzeit als Pfeilgift verwendet. Selbst in der älteren Geschichte wurden Kriege mit dem Gift der Pflanze entschieden indem man sie Wein und Branntwein zufügte, um so den Gegner zu töten oder zu narkotisieren. Im Mittelalter diente der Beerensaft als Schminkmittel. In dem späteren Zeitverlauf galt es für die Damenwelt als besonders adrett große Pupillen zu haben. Aus diesem Grunde wurden Säfte der Pflanze in die Augen geträufelt. Die damit verbundenen Sehstörungen wurden für die Schönheit gerne in Kauf genommen. Die Pflanze wird in vielen Geschichten der Vergangenheit als ausgezeichnetes Mordmittel, oder als Narkotikum genannt. In den Alpenländern wurde der Pflanzensaft Wein und Branntwein zugefügt, um dessen Wirkung zu verstärken. Beschreibung: An dem Strauch sind während der Blütezeit Blüten, reife und unreife Beeren gleichzeitig zu erkennen. Der Strauch erreicht eine Höhe von bis zu 2 m. Die ausdauernden, dicken und stumpfkantigen Stengel verzweigen sich erst in einer Höhe von ungefähr einem Meter. An ihnen stehen die Zweige waagrecht. Die Blätter erreichen eine Länge von bis zu 15 cm und eine Breite von bis zu 8 cm. Sie haben eine dunkelgrüne Farbe, sind ganzrandig, eiförmig und flaumig behaart. Die einzeln gestielten Blüten werden bis zu 3 cm lang und haben eine röhrig-glockige Form. Sie sind außen rotbraun, innen dagegen schmutziggelb mit deutlich zu erkennenden purpurnen Adern. Die Frucht besteht aus kirschgroßen, im unreifen Zustand grünen, reif in einer glänzenden schwarzen Farbe gehaltenen Beeren, die einen violetten Saft enthalten und sehr kernreich sind. Eine sehr seltene Art ist Atropa bella-donna ssp. lutea mit gelben Blüten und Beeren. Die Blütezeit der Tollkirsche ist von Juni bis September, die Früchte sind von August bis September zu erkennen. Vorkommen: Die Tollkirsche ist Europa, Asien und Nordafrika heimisch. Sie bevorzugt Laub- und Mischwälder mit kalkhaltigen Böden. Vor allem auf Lichtungen, an Waldschlägen und an Waldrändern ist sie zu finden. Wirkstoffe: Der wichtigste Giftstoff ist das Atropin, das L-Hyoscyamin und das Scopolamin. Der Gehalt der Giftstoffe ist sehr stark vom Standort und vom Zeitpunkt abhängig. Der höchste Gehalt wird in der Wurzel gefunden. Giftige Teile: Alle Pflanzenteile sind sehr stark giftig. Giftigkeit: Die Tollkirsche nimmt eine der führenden Stellungen in den Statistiken der Giftnotrufzentralen bei Pflanzenvergiftungen ein. Man geht von einer Sterblichkeit von ungefähr 10 % aus. Vergiftungen entstehen zum größten Teil durch den Genuss der saftigen, süßen und gut schmeckenden Beeren. Selten kommt es zu Vergiftungen mit anderen Pflanzenteilen, so zum Beispiel mit dem Verwechseln der Wurzel mit Schwarzwurzeln. Als tödliche Dosis gelten für Kinder 3 - 4 Beeren und für den Erwachsenen 10 - 12 Beeren. Ab 0,3 g der Blätter können schon Vergiftungserscheinungen auftreten. Tiere, vor allem Vögel scheinen gegenüber der Tollkirsche nicht die Empfindlichkeit des Menschen oder der Säugetiere zu sein. Wirkung: Eine Wirkung von 5 - 10 mg Atropin kann wochenlang bestehen bleiben. Die Aussicht der erkannten Vergiftung ist recht gut. Eine Aufnahme des Giftes ist auch über die intakte Haut möglich. Man unterscheidet vier Hauptzeichen:
Innerhalb sehr kurzer Zeit, circa 15 Minuten, kommt es zu einer sehr starken Erregung, die sich oft in erotischer Hinsicht darstellt, einer Rauheit, Trockenheit und einem Kratzen in Mund- und Rachenbereich bis hin zum Kehlkopf. Durch die Austrocknung der Schleimhäute stellen sich Schluckbeschwerden und Sprachstörungen bis hin zum Sprachverlust ein. Der zum Teil quälende Durst kann durch die Schluckbeschwerden nicht gestillt werden. Die Haut hat eine scharlachrote Farbe und ist trocken und sehr heiß. Die Körpertemperatur ist sehr stark erhöht. Die Erregung des betroffenen Vergifteten steigert sich zu einer starken Euphorie, in der große Heiterkeit, Lachlust aber ebenfalls Weinkrämpfe auftreten können. Oft kommt es zu einem Drang des Betroffenen sich stark zu bewegen, einem Rededrang, Schreien und Irrereden. Diese Anfälle können sich im Verlauf der Vergiftung des öfteren ohne eine Vorankündigung wiederholen. Der Vergiftete kann sich nicht mehr räumlich und zeitlich zuordnen und erlebt Halluzinationen. Kopfschmerzen, Schwindel, Zittern, Schwanken und Übelkeit sind ebenfalls vorhanden. Der Betroffene wird bei einer reinen Vergiftung mit Atropin nicht erbrechen, wenn, dann aber meist sofort. Die Erregung steigert sich zu regelrechten Tobsuchtsanfällen, zum Teil sogar mit allgemeinen Krämpfen, die die Form eines epileptischen Anfalls haben und sehr plötzlich und unerwartet auftreten können. Die Pupillen sind maximal erweitert, dadurch kommt es zu einem Gefühl der Blendung und Lichtscheu bei glänzend wirkenden Augen. Die bis zu wochenlang anhaltenden Sehstörungen können in schweren Fällen bis zur Blindheit führen. Die Sehstörungen äußern sich in einem Doppeltsehen und dem Unvermögen, Gegenstände in der Nähe scharf abzubilden. Im Kreislaufsystem zeigt sich die Vergiftung durch ein auffälliges Pulsieren der beiden Halsschlagadern, einem starken Herzklopfen mit starken Klopfen des Pulses. Zuerst wird bei dem Vergifteten eine Pulsverlangsamung beobachtet, die sich aber sehr schnell in eine Pulsbeschleunigung mit bis zu 160 Schlägen /Min und einem Blutdruckanstieg darstellt. Die Atmung ist stark beschleunigt und vertieft. Der Patient wird zunehmend bewusstlos, erschöpft und fällt in einen Schlafzustand, der einer Narkose ähnlich ist. Die bis zur Zeit anhaltende rote Farbe des Gesichtes ändert sich in eine bläuliche Farbe. Nun sinkt auch die Körpertemperatur unter den Normwert. Aus diesem Stadium heraus kann sich der Vergiftete wieder erholen oder er verstirbt im Koma an der zunehmenden zentralen Atemlähmung. Maßnahmen: Bei einem vergifteten Patienten ist medizinische Kohle zu geben. Die ständige Kontrolle der lebenswichtigen Funktionen und der schnell abzusetzende Notruf, sowie der Anruf bei einer Giftinformationszentrale sind die nächst wichtigeren Maßnahmen. |
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