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Mestinon® retard Wirkstoff: Pyridostigminbromid Stoff- oder Indikationsgruppe: Cholinesterasehemmer. Wirksame Bestandteile nach Art und Menge: Mestinon retard enthält als Wirkstoff in 1 Retardtablette 180 mg Pyridostigminbromid (Dimethylcarbaminsäureester des 1-Methyl-3-hydroxypyridinium-bromids); Karnaubawachs; gefälltes Siliciumdioxid; Pentacalciumhydroxid-tris(phosphat); Zein und Magnesiumstearat. Anwendungsgebiete: Myasthenia gravis. Gegenanzeigen: Das Präparat darf nicht angewendet werden bei Vorliegen mechanischer Verschlüsse der Verdauungs- oder Harnwege und bei allen Krankheitszuständen, die von einem erhöhten Tonus der Bronchialmuskulatur begleitet sind, wie z. B. spastische Bronchitis und Asthma bronchiale sowie bei bekannter Überempfindlichkeit gegen das Präparat. Ulcus ventriculi, Thyreotoxikose, dekompensierte Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt: Bei diesen Erkrankungen ist das erhöhte Risiko gegen den Nutzen der Behandlung sorgfältig abzuwägen. Bei Patienten mit vorgeschädigter Leber ist regelmäßige Kontrolle der Leberfunktion erforderlich. Das Präparat soll nicht in Verbindung mit depolarisierenden Muskelrelaxanzien wie Suxamethonium verabreicht werden. Besondere Vorsicht ist geboten bei der Anwendung von Mestinon retard an Patienten mit Bradykardie, Diabetes mellitus sowie nach Magen-Darm-Operationen. Da keine ausreichenden Erfahrungen mit der Anwendung von Mestinon retard in der Schwangerschaft vorliegen, ist das Risiko der Erkrankung besonders sorgfältig gegen das Risiko der Medikamenteneinnahme abzuwägen. Pyridostigmin geht in die Muttermilch über. Es darf daher während der Therapie nicht gestillt werden. Nebenwirkungen: Unter der Behandlung können Schweißausbruch, Speichelfluss, Tränenfluss, erhöhte Bronchialsekretion, Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Bauchkrämpfe (gesteigerte Peristaltik), verstärkter Harndrang, Muskelzittern, Muskelkrämpfe, Muskelschwäche, Akkommodationsstörungen oder nach Einnahme höherer Dosen Bradykardie auftreten. Da die Symptome Zeichen einer cholinergen Krise sein können, sollte der Arzt unverzüglich zu Rate gezogen werden, damit die Ursache der Erscheinungen abgeklärt werden kann. Zur Behebung eventuell auftretender parasympathomimetischer Wirkung: Atropinsulfat s.c., oral oder i.m. In sehr seltenen Fällen wurde über Hautausschlag berichtet. Beim Vorliegen hirnorganischer Veränderungen können unter Behandlung mit Pyridostigmin psychopathologische Symptome bis hin zur Psychose auftreten bzw. können bereits bestehende Symptome verstärkt werden. Erfahrungen mit der Anwendung von Mestinon retard bei Trägern von Kontaktlinsen liegen nicht vor. Überdosierung: Bei Überdosierung von Mestinon retard kann es zu cholinergen Krisen kommen, die sich unter anderem in ausgeprägter Muskelschwäche (oder gesteigerter Muskelschwäche bei Myasthenikern) äußern. Wird eine solche Situation verkannt, so besteht wegen muskulärer Atmungslähmung Lebensgefahr. Bradykardie und — paradoxerweise — Tachykardie können weitere Begleiterscheinungen sein. Gegenmaßnahmen bestehen im sofortigen Absetzen von Mestinon retard oder anderen Cholinergika und in Verabreichung von 1 bis 2 mg Atropinsulfat langsam intravenös. Je nach Verhalten der Pulsfrequenz ist diese Dosis gegebenenfalls nach 2 bis 4 Stunden zu wiederholen. Hinweis für Verkehrsteilnehmer und zum Bedienen von Maschinen: Im Zusammenhang mit einer nicht ausreichenden Kompensation der Grundkrankheit oder parasympathikotonen Effekten bei relativer Überdosierung von Mestinon retard ist eine Beeinträchtigung zum Bedienen von Maschinen bzw. der Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Die Wirkung von Morphinderivaten und Barbituraten kann durch Mestinon retard verstärkt werden. Warnhinweise: Mestinon wird hauptsächlich unverändert über die Nieren ausgeschieden. Für Patienten mit Nierenerkrankungen können daher niedrigere Dosierungen erforderlich sein. Die benötigte Dosis sollte deshalb nach Wirkung individuell bestimmt werden. Wichtigste Inkompatibilitäten: Inkompatibilitäten sind bisher nicht bekannt. Dosierung mit Einzel- und Tagesgaben: Zweimal täglich 1 bis 3 Retardtabletten. Grundsätzlich ist die Dosierung und die Häufigkeit der täglichen Einnahme abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und dem Ansprechen des Patienten auf die Behandlung. Die oben genannten Dosen können deshalb nur als Orientierung dienen und bedürfen der Anpassung an den Bedarf jedes einzelnen Patienten. Die oben genannten Mengen können unterschritten (die Einnahme ½ Retardtablette ist möglich) oder in Einzelfällen überschritten werden. Bei der Umstellung von Mestinon Dragees zu 60 mg Wirkstoff auf Mestinon retard ist zu bedenken, dass Mestinon retard nicht stärker, sondern nur länger wirkt (6 bis 8 Stunden, gelegentlich auch länger, statt 2 bis 4 Stunden). Die Zahl der jeweils als Einzeldosis eingenommenen Tabletten bleibt gleich, nur werden die Retardtabletten innerhalb von 24 Stunden seltener eingenommen. (Beispiel: Ein Patient, der bisher 6mal täglich 3 Dragees Mestinon zu 60 mg Wirkstoff (=6 x 3 x 60 mg = 1080 mg pro Tag) eingenommen hat, erhält nun zweimal täglich 3 Retardtabletten Mestinon retard (=2 x 3 x 180 mg = 1080 mg pro Tag). Meist ist es anschließend erforderlich, die Dosierung von Mestinon retard auf den aktuellen Bedarf einzustellen, bei schweren Erkrankungen unter Zuhilfenahme entsprechender Testverfahren. Unter Umständen ist es ratsam, die Einstellung unter stationären Bedingungen durchzuführen. Durch Infektionen oder andere belastende Faktoren kann die jeweils erforderliche Dosis von Mestinon retard Schwankungen unterworfen sein. Der behandelnde Arzt sollte dann sofort zu Rate gezogen werden. Art und Dauer der Anwendung: Die Retardtabletten werden mit etwas Flüssigkeit eingenommen. Die Retardtablette besitzt eine Bruchrille, die die Einnahme einer ½ Retardtablette ermöglicht. In kleinere Einheiten sollte die Retardtablette nicht zerkleinert werden, da sonst die verzögerte Wirkstoffabgabe in Frage gestellt wird. Zur Überbrückung eines für die Retardtablette zu kurz dauernden Einnahmeintervalles und bei einem kurzzeitigen Spitzenbedarf ist die Kombination mit den Dragees von Mestinon zu 60 mg Wirkstoff möglich. (Beispiel: Ein Patient benötigt für eine ungestörte Nachtruhe die letzte Tagesdosis um 22.00 Uhr. Die während der Wachzeit am Tage (8.00 – 22.00 Uhr) eingenommenen Retardtabletten von Mestinon retard wirken jedoch nur bis 18.00 Uhr. Die Zwischenzeit von 18.00 bis 22.00 Uhr wird mit Dragees von Mestinon (60 mg) überbrückt.) Wegen der Ähnlichkeit der klinischen Symptome bei Unwirksamkeit des Präparates (myasthenische Krise) oder bei Überdosierung (cholinerge Krise) ist nach höherer Dosierung beim Auftreten entsprechender Symptome die Abklärung mit einem geeigneten Testverfahren (z. B. mit Edrophoniumchlorid) unter Beachtung der erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen erforderlich. Notfallmaßnahmen, Symptome und Gegenmittel: Symptome: Salivation, Lakrimation, Rhinorrhoe, starke Schweißsekretion, Hautrötung, Adynamie, Miosis und Akkommodationsstörungen, Schwindel, Erbrechen, unwillkürliche Miktion und Defäkation mit Tenesmen, extreme Bradykardie bis zum Herzstillstand, Blutdruckabfall bis zum Kreislaufkollaps, Bronchospasmus, Lungenödem, gelegentliche Krämpfe. Therapie: Zur Behebung auftretender parasympathomimetischer Wirkungen bei relativer Überdosierung oder Intoxikation als spezifisches Antidot: Atropin, Dosierung nach Wirkung (Herzfrequenz, Pupillenweite). Bei Herzstillstand äußere Herzmassage, Sauerstoffbeatmung. Evtl. assistierte Beatmung. Vorsichtiger Ausgleich von Volumen und Mineral-Imbalanz. Bei Akkommodationskrampf: Mydriaticum Stulln (Druckkontrolle!). Pharmakologische Eigenschaften: Mestinon retard besitzt cholinerge Eigenschaften; es gehört zu den Hemmstoffen der Cholinesterasen. Unter diesen Substanzen zeichnet es sich durch gute Verträglichkeit, schonenden Wirkungseintritt, gleichmäßigen Wirkungsverlauf, lange Wirkungsdauer und allmähliches Abklingen der Wirkung aus. Im Vergleich dazu tritt bei Neostigmin (Prostigmin®) die Wirkung rascher ein, erreicht einen höheren Gipfel und klingt schneller wieder ab. Mestinon retard eignet sich besonders als Antimyasthenikum. Bei Myasthenia gravis erleichtern die größeren Abstände zwischen den Einzelgaben die Medikation. Toxikologische Eigenschaften: Die toxikologischen Eigenschaften von Pyridostigmin werden weitgehend von der cholinergen Wirkung infolge der Cholinesterasehemmung und dem zusätzlichen stimulierenden Effekt auf den nikotinischen n-Cholinorezeptor bestimmt. Der fehlende Durchtritt durch die Blut-Hirn-Schranke erklärt die Absenz toxischer ZNS-Symptome. Die LD50 von Pyridostigmin beträgt nach i.p. Applikation bei der Ratte 3 mg/kg. Nach oraler Gabe liegt sie bei 115 mg/kg. Bei oraler Verabreichung von 0,25, 1 und 4 mg/kg an Ratten über 100 Tage zeigten sich keinerlei histologische Veränderungen, Blutbildveränderungen, Verhaltensauffälligkeiten, Wachstumsbeeinträchtigungen oder Todesfälle. Die Ergebnisse der reproduktionstoxikologischen Versuche an Kaninchen und Ratten lassen keine störenden Einflüsse auf Reproduktionsverhalten oder fetale Entwicklung erkennen. Auch bei der Verabreichung von 0,25, 1, 4, 12 und 32 mg/kg an Affen über Zeiträume von 115 – 146 Tagen zeigten sich keine toxikologischen Auffälligkeiten. Affen konnten 64 mg/kg über 6 Tage ohne Nebenwirkungen verabreicht werden. 128 mg/kg führten zu Erbrechen. Pharmakokinetik: Zur Bioverfügbarkeit von Pyridostigminbromid wurden bei gesunden Probanden Werte zwischen 7,6 % und 18,9 % gefunden. Bei Patienten mit Myasthenia gravis kann sie auf 3,3 % abfallen. Das Verteilungsvolumen beträgt 1,64 ± 0,29 l/kg. Die Plasmaclearance 0,65 l/kg/Stunde. Resorptionsgeschwindigkeit und Quote zeigen breite interindividuelle Unterschiede. Nach oraler Gabe wird in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme nach 1,7 – 3,2 Stunden ein maximaler Wirkstoffspiegel erreicht. Bei intravenöser Verabreichung beträgt die Eliminationshalbwertszeit 1,53 Stunden, bei oraler Gabe kann sie bis zu 3,3 Stunden betragen. Die Ausscheidung erfolgt dosisabhängig, teils als unveränderter Wirkstoff (bis zu 50 %), teils in Form inaktiver Metaboliten zu 80 – 90 % renal, zu 7 % enteral. In der Retardtablette von Mestinon retard ist der Wirkstoff in ein unlösliches Tablettengerüst eingelagert, um die verzögerte Wirkstoffabgabe zu erreichen. Die unverdauliche Trägersubstanz erscheint im Stuhl, was nicht dahin missverstanden werden darf, dass der Wirkstoff unvollständig resorbiert worden sei. Dauer der Haltbarkeit: Die Dauer der Haltbarkeit beträgt 3 Jahre. Nach Ablauf des auf der Packung angegebenen Verfallsdatums soll das Präparat nicht mehr angewendet werden. Besondere Lager- und Aufbewahrungshinweise: Nicht über +25°C aufbewahren! Vor Feuchtigkeit schützen! Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufbewahren. Darreichungsformen und Packungsgrößen: 100 Retardtabletten N 3 |
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