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Insektenstich01
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Insektenstich-Vergiftung. (Glottisoedem.)

Bericht von P. Gerlach, Achim bei Bremen.

Eine etwa 23jährige junge Dame saß am 23. Mai 1930 im Zustande bester Gesundheit inmitten einer fröhlichen Gesellschaft auf der Veranda der Villa, als sie plötzlich von einem größeren Insekt in den Hals gestochen wurde. Es lässt ich nach den Angaben der aufgeregten Umgebung nicht mit absoluter Sicherheit feststellen, ob es eine Wespe oder eine Hornisse war, vermutlich aber eine Hornisse. Der Stich saß genau in der Mittellinie des Halses unmittelbar über dem Kehlkopfknorpel. Innerhalb von 5 – 10 Minuten entwickelte sich das typische Bild eines schweren Glottisödems: Von Minute zu Minute wurde die Dyspnoe größer, die so jäh Erkrankte versuchte unter gewaltigen Anstrengungen der gesamten Thoraxmuskulatur sich Atemluft zu erkämpfen, was ihr immer schwerer wurde. Als ich in kurzer Zeit mit dem Kraftwagen eintraf, fand ich sei in einem desolaten Zustand vor, in dem sie den Kampf schon aufgegeben zu haben schien. Das Gesicht war geschwollen und blau-violett verfärbt, nur einige Male in der Minute gelang der Patientin unter starkem „Ziehen“ und Röcheln ein wenig ergiebiger Atemzug. Die Augäpfel waren nach oben verdreht; die Gesichtszüge zeigten ausgesprochene Todesangst.

Im ersten Augenblick schien eine Tracheotomie die einzige Möglichkeit der Rettung darzubieten und selbst dieser Weg schien nicht sehr hoffnungsvoll. Ich gab vorerst der Kranken schnell zwei Ampullen Racedrin (synthetisches racem. Ephedrin) intramuskulär und sah zu meiner Freude nach etwa 10 Minuten ein ganz allmähliches Nachlassen der schweren Atembehinderung. Die Atmung wurde langsam immer freier, der qualvolle Angstzustand verschwand, nach ungefähr 2 Stunden war die Atmung zur Norm zurückgekehrt. Die Patientin verbrachte eine verhältnismäßig ruhige Nacht und wachte am anderen Morgen gesund auf. Das Wohlbefinden hat bis heute – 13. August – angehalten; irgendwelche Folgezustände haben sich nicht eingestellt.

Dass der Stich schon von einer einzigen Biene den Tod herbeiführen kann, wird von Faust (1) und von Flury (2) angegeben. Um so mehr kann ein Stich der sehr viel größeren Hornisse lebensgefährlich werden. Die Gefährlichkeit der Bienen- und Wespenstiche ist dann besonders groß, wenn diese in die Zunge, den Gaumen, oder, wie im vorliegenden Falle, in die Halsgegend erfolgen, wegen des hier auftretenden Glottisödem. Glottisödem nach Bienenstichen im Gesicht bei einer Frau und seine Besserung durch Morphiuminjektion hat Ruediger (3) beschrieben. Die ausgezeichnete, lebensrettende Wirkung des synthetischen Ephedrins in Form des Racedrins, welche hier beobachtet werden konnte, verdient in ähnlichen Fällen nachgeprüft zu werden.

Literatur:

  1. Ed. St. Faust in F Flury und H. Zangger, Lehrbuch der Toxikologie, Berlin 1928, S. 376
  2. F. Flury in Handb. d. normal. u. patholog. Physiologie, Berlin 1929, Bd. 13, S. 143
  3. E. Ruediger, Münch. med. Wschr. 1923, S. 617

Quelle: Gerlach, P.: Insektenstich-Vergiftung. (Glottisödem.) Sammlung von Vergiftungsfällen, Band 3, A 243, S. 161 - 162, 1932

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Stand: 26. Dezember 2009

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