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Tabun Weitere Namen: GA, Dimethylphosphoramidocyanidic acid, ethyl esther, O-ethyl dimethylamidophosphorylcyanide CAS-Nr.: 77-81-6 Molekularformel: C5H11N2O2P Molekulargewicht: 162,12 Physikalische Eigenschaften: Tabun ist ein Phosphorsäureester und gehört damit zu der großen Gruppe der Pflanzenschutzmittel. Tabun lässt sich gut in Wasser lösen, ist farblos und hat einen "fischigen" Geruch. Im Sonnenlicht und bei Temperaturen unter 49°C zerfällt der Stoff nicht. Die Geschwindigkeit der Hydrolyse lässt sich durch Erwärmen stark beschleunigen. Bei 95°C hat Tabun eine Halbwertszeit von nur zehn Minuten. Bei manchen Dekontaminationen kann Blausäure entstehen.
Allgemeines: Tabun wurde im Jahre 1936 von dem deutschen Chemiker Dr. Gerhard Schrader entdeckt. Es ist ein Phosphorsäureester und stammt damit aus der Familie der Pflanzenschutzmittel. Nervenkampfstoffe können in Produktionsanlagen für Pflanzenschutzmittel leicht durch kleine Änderungen der Stoffe hergestellt werden. Tabun gehört zu den so genannten chemischen G-Kampfstoffe (G steht für Germany), die im Krieg in Deutschland entwickelt und hergestellt worden sind. Die beiden anderen G-Kampfstoffe sind Soman und Sarin. Es ist das älteste der drei Nervenkampfstoffe. 1942 hatte die deutsche Armee 12.000 Tonnen Tabun hergestellt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden große Mengen dieses Kampfstoffes in den USA und Großbritannien hergestellt und in waffenfähiger Munition gepackt. In der Sowjetunion hat dieser Kampfstoff keine große Rolle gespielt. Aufnahme: Eine Aufnahme des Stoffes ist über die intakte Haut und die Atmungsorgane möglich. Nur ein Ganzkörperschutz verhindert sicher eine Aufnahme des Stoffes. Anwendungen: Tabun soll im Iran-Irak-Krieg eingesetzt worden sein. Weltweit gibt es große Vorräte des Kampfstoffes. Diagnostik: Es existieren spezielle Prüfröhrchen für Tabun. Auch die ABC-Spürpanzer der Bundeswehr und die ABC-Erkundungsfahrzeuge der Landkreise könnten die Substanz aufspüren. Pathophysiologie: Tabun blockiert die Acetylcholinesterase. Damit wird der Abbau des Acetylcholins verhindert und es kommt zu einer Dauererregung. Man spricht auch von einer endogenen Acetylcholinintoxikation. Acetylcholin wirkt als Transmittersubstanz an den postganglionären Fasern des Parasympathikus, Nerven der Schweißdrüsen des Sympathikus, an der motorischen Endplatte der Muskulatur und an allen Synapsen des vegetativen Nervensystems. Symptome: Bei leichten Vergiftungen kommt es zu Kopfschmerzen, Atemnot mit einem Druckgefühl in der Brust, starken Schweißausbrüchen, Miosis, starken Sehstörungen mit Augenschmerzen und einer erheblichen Verstärkung der Sekretion des Nasensekretes, der Tränenflüssigkeit und des Speichels. Eine mittelschwere Vergiftung ist durch starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Augenschmerzen und Bewusstseinsstörungen mit Krämpfen zu erkennen. Bei schweren Vergiftungen zittert der Patient stark. Es kommt zu Krämpfen der Skelettmuskulatur bis hin zum generalisierten Krampfanfall, Erbrechen, starker Atemnot, Bewusstseinsstörungen jeder Art, Angstzuständen und Verwirrtheit. Stuhl und Harn kann unkontrolliert abgehen. Der Tod tritt durch eine Atemlähmung ein.
Die Latenzzeit ist abhängig vom Aufnahmeweg. Bei einer Aufnahme über die Atmung beträgt sie nur einige wenige Minuten. Bei einer Aufnahme über die Haut kann eine Latenzzeit bis zu 30 Minuten erreicht werden. Wenn eine letale Menge aufgenommen wird, tritt der Tod in kurzer Zeit (wenige Minuten) ein. Maßnahmen: Die Rettung aus dem Gefahrenbereich steht an erster Stelle. Teilweise kann es erforderlich sein die Rettung durch die Feuerwehr mit einem umluftunabhängigen Atemschutzgerät durchführen zu lassen. Die Sicherstellung der vitalen Funktionen ist oberstes Ziel der präklinischen Therapie. Bei oraler Aufnahme ist die Applikation von medizinischer Kohle als Suspension in der Dosierung von 1 g / kg KG als erstes durchzuführen. Falls der Giftstoff über die Haut oder die Kleidung aufgenommen wurde, ist die Kleidung zu entfernen und die Haut reichlich mit Polethylenglykol 400 und anschließend unter fließenden Wasser mit Seife abzuspülen. In dem Fall, dass Wirkstoffspritzer in das Auge gelangen, ist dies mit geeigneten Lösungen, z.B. Isogutt®, gründlich zu spülen. Bei all diesen Tätigkeiten ist streng auf den Selbstschutz zu achten ! Die Atemwege müssen durch kontinuierliches Absaugen, besser aber durch die endotracheale Intubation, freigehalten werden. Die Intubation stellt die bessere und sichere Alternative dar. Zusätzlich ist eine kontrollierte Beatmung mit Sauerstoff indiziert. Der Einsatz von einem spezifischen Antidot ist in der präklinischen Phase indiziert. Die präklinischen Maßnahmen sind entscheidend für den Ausgang der Vergiftung. Antidotgabe: Als spezifisches Antidot wird Atropin präklinisch eingesetzt. Dosierung: Die Angaben über die Dosierung von Atropin schwanken. Initial sollte mit mindestens 2 mg Atropin i.v. begonnen werden. Die Dosierung richtet sich nach dem Abklingen der Sekretion von Nasenflüssigkeit und Mundspeichel, der Bronchialsekretion und dem Bronchospasmus. Die Soldaten der NATO sind bei gefährdeten Einsätzen mit einem selber in den Oberschenkel zu injizierenden Antidot, ausgerüstet. Dieses Antidot enthält 2 mg Atropin und 220 mg des Medikamentes Obidoximchlorid und ist für einen gesunden Erwachsenen völlig unbedenklich. Prognose: Die Prognose bei Intoxikationen mit Phosphorsäureestern ist sehr ernst. Auch nach der überstandenen Vergiftungen kann der Tod durch eine Nichtbeherrschung der Sekundärkomplikationen eintreten. Nach überstandenen Vergiftungen ist strenges Augenmerk auf die Leber- und Nierenparameter zu richten. Funktionsschäden des Nervensystems sind nicht ausgeschlossen. Dekontamination: Eine Dekontamination ist mit Alkalilaugen (z.B. NaOH), Alkoholaten (z.B. Na2CO3), Hypochloriten und Peroxiden (z.B. H2O2, Na2O2) möglich. Spätestens nach vierzehn Tagen ist der Stoff normalerweise verflüchtigt. Diese Angaben sind abhängig von der Witterung. |
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