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CN
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CN

Weitere Namen: Chloracetophenon, 2-Chloracetophenon, 2-Chlor-1-phenylethanon, alpha-Chloracetophenon, Phenacylchlorid

Handelsnamen: Chemical Mace, CAP, CN

CAS-Nr.: 532-27-4

RTECS-Nr.: AM6300000

UN-Nr.: 1697

EINECS-Nr.: 208-531-1

Arbeitsplatzgrenzwerte: 0.05 ppm; 0.32 mg/m3 (ACGIH 1996/97). MAK nicht festgelegt (1998).

Molekularformel: C8H7ClO

Molekulargewicht: 154.6

Physikalische Eigenschaften: Der Stoff ist ein weißes bis gelbes Pulver in Form von Kristallen. Nach anderen Angaben sind die Kristalle farblos, oder weiß bis grau. Auch die Angaben zum Geruch sind unterschiedlich. Der Stoff soll nach Apfelblüten riechen oder eine stark reizende Wirkung auf die Nase haben. Die schwer flüchtigen Kristalle lösen sich schlecht in Wasser, aber sehr gut in organischen Lösungsmitteln, z.B. Alkohol, Benzol, Ether. Beim Erhitzen zersetzt sich der Stoff und bildet giftige, korrosive Chlorwasserstoffdämpfe. Auch bei einem Brand entsteht ein reizender und giftiger Rauch.

Schmelzpunkt: 245 °C
Siedepunkt: 54 - 59 °C
Flammpunkt: 118 °C c.c.
Wasserlöslichkeit: unlöslich

Allgemeines: CN wurde 1871 erstmals von dem deutschen Chemiker C. Graebe "als eine bei 41° schmelzende und bei 246° siedende, farblose Verbindung" dargestellt, die sich nicht in Wasser, wohl aber in Alkohol und Äther löse und einen "stechenden, die Augen heftig reizenden Geruch" besitze. CN ist um den Faktor drei bis zehn mal toxischer als CS. Es verursacht mehr Schäden an der Lunge und an der Hornhaut des Auges. Auch die Hautschädigungen sind durch CN stärker. Allergische Reaktionen sind möglich. In hohen Dosen kann CN letal wirken. Es sind mehrere Todesfälle dokumentiert worden. Der Stoff hat einen sehr niedrigen Dampfdruck und bleibt deshalb in Räumen, Fahrzeugen und Kleidungen wirksam. Aus diesem Grund ist die Anwendung von CN in geschlossenen Räumen sehr gefährlich. Bereits bei einer Temperatur bei 20°C kommt es zu einem langsamen Verdampfen und damit zu einem Auftreten einer schädlichen Konzentration in der Luft.

Aufnahme: Der Stoff wird über die Schleimhäute, die Augen und die Atmung auf den Körper einwirken.

Anwendungen: Bei diesem Stoff handelt es sich um ein "klassisches" Kampfmittel der Polizei. Es wird weltweit eingesetzt. In Deutschland ist das Tränengas bei der Polizei offiziell eingeführt worden. Bereits im ersten Weltkrieg wurde CN von den USA als Kampfstoff geprüft, aber nicht eingesetzt. Auch im weiten Weltkrieg wurde CN nicht eingesetzt, obwohl es in sehr großen Mengen produziert und vorgehalten wurde. Im Vietnamkrieg wurde das Tränengas in großen Mengen verwendet.

Der Stoff muss vorbereitet werden, damit er als Tränengas verwendet werden kann. Bei der Polizei existieren drei verschiedene Anwendungsmöglichkeiten:

  • Sprühgeräte: Das Tränengas wird in organischen Lösungsmitteln gelöst und kann entweder in handlichen Geräten oder in speziellen Vorrichtungen für größere Entfernungen versprüht werden.
  • Wasserwerfer: Bei Wasserwerfern existiert eine Zumischeinrichtung. Hier wird kurz vor dem Austritt des Wassers das Tränengas zugemischt und regnet dann als Aerosol nieder.
  • Reizstoffwurfkörper: Diese Wurfkörper werden entweder aus der Hand geworfen oder mit einer Waffe abgeschossen. Nach der Zündung wird der Wirkstoff als Schwebstoff durch eine Vernebelung freigesetzt.

Die Wasserwerfer der Polizei enthalten CN und CS in Konzentrationen von 150, 225 oder bis zu 300 mg/l. Dies entspricht 0,03 %. Reizstoffsprühgeräte enthalten entweder 0,9 % CN oder 1 % CS gelöst in organischen Lösungsmittel. Die Lösungsmitteln verstärken die Diffusion durch die Haut.

  • Kasuistiken:
    • Bei einigen Patienten konnte beobachtet werden, dass nach CN/CS-Erstkontakt mit oder ohne kurzzeitiger initialer Hautreaktion eine bis zu vier Wochen lange beschwerdefreie Phase folgte, bevor sich ohne erneute Exposition an derselben Stelle ein länger anhaltendes Ekzem entwickelte.
    • Es weisen allerdings angesichts ihrer Kasuistiken daraufhin, dass toxische Kontaktdermatitiden verzögert auftreten können (in einem Fall vier bis sechs Tage nach Exposition).
    • Der schwerste Fall einer allergischen Sofortreaktion nach einer mit Chloracetophenon durchgeführten Schutzmaskenprüfung im Gasraum betraf einen 19jährigen Mann, der ein "generalisiertes urtikarielles Exanthem mit ausgeprägten Symptomen eines allergischen Schocks" erlitt.
    • Außer wenigen Hinweisen auf Urtikaria und Quincke-Ödem in der französischen Literatur gibt es keine Berichte über mehr Soforttyp-Reaktionen.

Pathophysiologie: Die Pathophysiologie ist nicht bekannt. In Tierversuchen wurde festgestellt, dass CN eine reflektorische Unterdrückung der Atemrate auslöst.

Symptome: Ab einer Konzentration von 10 mg/m³ kommt es zu einem starken Brennen, Kratzen und Stechen im Hals, in der Nase und an den Augen. Zusätzlich wird ein starker Tränen- und Speichelfluss ausgelöst. Rötungen der Haut, Ödeme und Atemnot sind weitere Zeichen. Auch auf der Haut, vor allem an Verletzungen, wie z.B. Schürfwunden, ist ein stark stechender Schmerz festzustellen. Es kann auch zu Übelkeit und Erbrechen kommen.

Schon ab einer Menge von 15 ng/mm wird ein Augenbrennen bis hin zur "Kampfunfähigkeit" erreicht. Dies wird mit einer 0,05 %igen Konzentration des Stoffes in den Treibmitteln mit einer Sprühdauer von zwei Sekunden aus drei Metern Entfernung erreicht. Bei steigenden Konzentrationen tritt eine schmerzhafte Bindehautreizung, Tränenfluss und ein wieder abschwellender Lidkrampf auf. Bei der Anwendung von CN-Gas aus kurzer Entfernung sind Trübungen der Hornhaut und Korneaepithel-Defekte beschrieben worden. Zusätzlich können Verletzungen durch den Einsatz der Sprengkörper, etc. auftreten. Eine Abgrenzung zwischen mechanischen Verletzungen und den toxischen Einwirkungen ist oft schwierig. Bei Anwendungen in geschlossenen Räumen sind oft Pneumonien, Bronchitiden und toxische Lungenödeme aufgetreten. Diese zuletzt genannten schweren Komplikationen treten teilweise erst nach Tagen auf. Es sind einige Todesfälle bekannt.

Bei wiederholter oder länger andauernder Einwirkung können allergische Reaktionen, z.B. eine Kontaktdermatitis, auftreten. Dies wird von CN stärker als durch andere Tränengase verursacht.

CN ist eines der potentesten Augenreizstoffe. Die Wirkung wird durch Wärme, Feuchtigkeit, Luftabschluss und Reibung verstärkt. Dunkle, z.B. schwarze, Haut reagiert weniger empfindlich auf die Reizgase. Der Grund ist im Detail noch nicht geklärt. Es wird durch vermutet, dass ein erhöhter Melaningehalt in der Haut dafür verantwortlich ist.

  LCT50: ICT50:
Mensch 8,5 (11*) mg x min/l 0,005 - 0,01 mg x min/l
Maus 73 mg x min/l ?
Meerschweinchen 3,5 mg x min/l ?
Ratte 3,7 mg x min/l ?

* nach anderen Quellen

Schwelldosis beim Mensch: 0,0003-0,0005

Maßnahmen: In geschlossenen Räumen ist für eine gute Lüftung zu sorgen. Betroffene Augen sind zu anästhesieren und ausgiebig, z.B. mit Isogutt zu spülen. Vor der Augenspülung sind eingelegte Kontaktlinsen zu entfernen. Betroffene Kleidung ist sofort zu entfernen. Kontaminierte Haut ist mit Polyethylenglykol 400, oder falls dies leider nicht vorhanden ist, gründlich mit Wasser und Seife zu reinigen. Die Dekontamination sollte so schnell als möglich erfolgen, um eine Kontaktdermatitis zu verhindern. Falls die Patienten stärkeren Konzentrationen oder länger den Tränengasen ausgesetzt waren, ist eine Lungenödemprophylaxe durch die inhalative und parenterale Gabe von Kortikoiden vorzunehmen. Bei einem toxischen Lungenödem ist die parenterale Gabe von Kortikoiden, Furosemid (z.B. Lasix®) und die PEEP-Beatmung erforderlich.

Dekontamination: Eine Dekontamination soll nur unter schwerem Atemschutz vorgenommen werden. Es ist auf die Verhinderung einer Staubentwicklung, z.B. durch Anfeuchten, zu achten.

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Stand: 21. Oktober 2007