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Tularaemie
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Tularaemie

Synonyme: Nagerpest, Hasenpest, Lemming-Fieber, Parinaud-Krankheit.

Allgemeines: Die Erkrankung wurde nach dem kalifornischen Ort Tulare bekannt.

Geschichte: Zum ersten Mal wurde der Erreger 1913 aus einer Eichhörnchenart in Kalifornien isoliert. Die Tularämie wurde 1931 zum ersten Mal in Schweden (Ostseeküste Mittelschwedens) dokumentiert. Es handelt sich hierbei um einen natürlichen Herd. In den Jahren 1966 und 1967 sind Tausende von Menschen infiziert worden. Während des zweiten Weltkrieges sind in Russland Epidemien mit mehr als Hunderttausend Infektionen bekannt geworden.

Vorkommen: Die Tularämie ist heute in Mitteleuropa selten. In Nordamerika wird mit ca. 1500 Infektionen pro Jahr gerechnet, in Skandinavien mit mehreren Dutzend, in Tschechien mit 10 und in der Slowakei mit 10. In 70 Jahren wurden aus Japan 1400 Infektionen gemeldet. Als Endemiegebiete in Europa werden Westrussland, ganz Skandinavien, Teile von Österreich und die Tschechoslowakei genannt. Für Deutschland existieren keine Angaben.

Erreger: Francisella tularensis. Es handelt sich um gramnegative, kokkoide und schwer anzüchtbare Stäbchen. Es sind zwei Varianten bekannt. Der Typ A (Nordamerika) ist für die gefährlichen Verläufe verantwortlich. Typ B kommt weltweit vor.

Epidemiologie: Das Erregerreservoir ist in unterschiedlichen Nagetieren, vor allem Feldhasen zu finden.

Übertragung: Es sind viele verschiedene Übertragungswege bekannt. Jäger, Wildhändler und Hausfrauen sind am ehesten betroffen. In Zuckerfabriken sind Aerosolinfektionen durch das Waschen kontaminierter Rüben aufgetreten. Eine Übertragung durch Zecken und Bremsen (Chrysops- und Dermacentor-Arten) ist dokumentiert. Der direkte Kontakt mit infizierten Blut, z.B. beim Schlachten, ist die häufigste Infektion. Hier herrscht eine kurze Inkubationszeit von zwei bis fünf Tagen. Auch der Verzehr nicht ausreichend erhitzten Schlachtfleisches kann zu Infektionen führen. Selbst Kuhmilch wird als Übertragungsweg angegeben. Der Weg der Infektion ist aber nicht bekannt. Bei einem Zeckenbiss herrscht, durch die geringe Anzahl von Erregern, eine Inkubationszeit von 6 bis 30 Tagen. Bei dem großen Ausbruch in Schweden wurden die Erreger wahrscheinlich inhaliert. Im Jahre 1966 starben Massen von Nagern. Viele der Tierkadaver lagen in den Scheunen auf den Feldern. Bei dem Transport des Heus entstand ein hochinfektiöses Aerosol.

Inkubationszeit: Die Inkubationszeit liegt zwischen zwei und 30 Tagen.

Symptome: An der Eintrittsstelle des Erregers bildet sich ein tiefes Geschwür. Die regionalen Lymphknoten schwellen an. Das Fieber steigt unregelmäßig an und es sind Schüttelfröste zu erkennen. Die Patienten haben ein starkes Krankheitsgefühl. Oft treten die Erreger aus den befallenen Lymphknoten aus und besiedeln über das Blut die Lunge. Bei einer inhalativen Aufnahme des Erregers bietet sich das Bild einer Pneumonie. Nach dem Verlauf werden folgende Formen unterschieden:

  • glanduläre Tularämie
    • Es ist keine Eintrittspforte erkennbar und die Bildung von Geschwüren fehlt.
  • glandulo-pharyngeale Tularämie
    • Diese Form ist vor allem bei Kindern zu erkennen.
    • Es sind Geschwüre in der Mundhöhle und im Rachen zu erkennen. Die Lymphknoten im Kiefernwinkel sind geschwollen.
  • okuloglanduläre Tularämie ("Parinaud-Konjunktivitis)
    • Die Eintrittspforte an der Bindehaut des Auges ist durch ein gelbliches Knötchen erkennbar. Die Lymphknoten  vor dem Ohr und im Hals sind geschwollen. Zusätzlich kommt es zu einer sehr schmerzhaften Konjunktivitis.
  • typhöse oder generalisierte oder septische Tularämie
    • Diese Form entsteht vor allem bei Laborinfektionen oder nach dem Kontakt mit infizierten Schlachtblut
    • Hier ist ein schwerer Verlauf zu erkennen. Die Lungen sind sehr oft befallen. Die Patienten haben immer Fieber, Kopfschmerzen und Schweißausbrüche
    • Als, z.T. auch für den letalen Ausgang verantwortlich, Komplikationen sind Lungenabszesse, eine Mediastinitis, eine Meningitis, eine Perikarditis und / oder eine Osteomyelitis zu erkennen.
    • Bei Infektionen mit dem Typ A kann eine Rhabdomyolyse auftreten.
  • ulzeroglanduläre Tularämie
    • Dies ist die häufigste Form der Tularämie.
    • Sie beginnt mit einem plötzlichen Fieberanstieg. Es bilden sich Geschwüre an der Eintrittsstelle mit regionaler, oft eitriger, Entzündung der Lymphknoten.
  • intestinale Tularämie
    • seltene Form
    • Übertragung wahrscheinlich durch den Verzehr ungenügend erhitztes Fleisch infizierter Tiere
    • Als Symptome ist eine Pharyngitis, Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle und abdominelle Schmerzen zu erkennen.

Prognose: Die amerikanischen Tularämieformen haben eine höhere Virulenz, mit einer Letalität von 10 bis 35 %, als die europäischen Stämme. Hier liegt die Letalität bei ungefähr 5 %.

Differentialdiagnose: Andere Lymphadenitiden durch Streptokokken oder Staphylokokken, Pest, Katzenkratzkrankheit, Sporotrichose, Pasteurella-multoida-Infektionen. Die septikämischen und intestinalen Formen können mit Typhus, Pseudotuberkulose und Mononzukleose verwechselt werden. Die pneumonischen Formen sind von abszedierenden Pneumonien, Mykoplasma-Pneumonien, Tuberkulose und Lungenmykosen zu trennen.

Maßnahmen: Für den Rettungsdienst ist nur eine symptomatische Therapie möglich. Die Gefahr einer Infektion durch Patientenkontakte werden als gering eingestuft. In der Klinik gilt Streptomycin als Mittel der Wahl. Alternativ kann Doxycyclin oder Gentamicin eingesetzt werden. Es existiert ein Tularin-Intrakutantest.

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Copyright © 2007 Ralf Rebmann
Stand: 21. Oktober 2007