Scopolia carniolica Jacq.
Namen: Krainer
Tollkraut, Glockenbilsenkraut, Tollkirschenähnliche Skopolie, Tollkraut,
Tollrübe.
Beschreibung: Das aufrechte Kraut wird 30 - 60 cm hoch. Am Grunde des Stengels sind Niederblätter zu erkennen. Die restlichen Blätter sind trübgrün, ganzrandig, kahl, gestielt und haben eine umgekehrt eiförmig Gestalt. Die einzelnen, achselständigen Blüten werden 1 - 2 cm groß und stehen gestielt nickend. Sie haben eine glockenförmige Gestalt, sind im Inneren olivfarbene getönt und haben außen eine rötliche Färbung. Sie können auch braun, grün oder gelb gefärbt sein. Der Samen befindet sich in einer zweifächrigen, aufspringenden Kapsel. Blütezeit: April - Mai Vorkommen: Die in Süd- und Südosteuropa heimische Pflanze hat sich bis nach Kärnten verbreitet. Nach Deutschland ist sie eingeschleppt worden und mittlerweile auch verwildert anzutreffen. Laubwälder und steinige, waldige Abhänge sind die bevorzugten Standorte. Wirkstoffe: In der Pflanze ist ein Gesamtalkaloidgehalt von 0,3-0,8 % gefunden worden. Das Hauptalkaloid ist das Hyoscyamin. Atropin und (-)-Scopolamin sind in geringerer Menge vorhanden. Giftige Teile: Die ganze Pflanze, vor allem die Wurzel, ist sehr stark giftig. Toxizität: Man geht von einer Mortalität von ungefähr 10 % aus. Wirkung: Für reines Atropin ist die letale Dosis 100 mg. Tödliche Ausgänge sind aber schon bei einer Menge von 50 mg bekannt geworden. Bei Patienten mit einer Überempfindlichkeit können Delirien und Koma schon in der therapeutischen menge von 1 mg auftreten. Ab Dosen von 0,5 mg Atropin kommt es zu einer Mundtrockenheit, ab circa 1 mg zu Pupillenerweiterungen, ab circa 3 mg zur Intoxikation mit Hitzegefühl, ab circa 4 mg zu Tachykardie und Sehstörungen, ab circa 5 mg zu Herzklopfen und in höheren Dosen zu den unten beschriebenen weiteren Vergiftungssymptomen. Eine Wirkung von 5-10 mg Atropin kann wochenlang bestehen bleiben, während 0,5 - 2 mg ihre Wirkung nur im peripheren Bereich äußern. Die Prognose der erkannten Vergiftung, die auch durch atropinhaltige Medikamente entstehen kann, ist recht gut. Eine Aufnahme des Giftes ist auch über die intakte Haut möglich. Man differenziert vier Hauptsymptome: Rötung des Gesichtes; Trockenheit der Schleimhäute; Pulsbeschleunigung; Erweiterung der Pupillen. Innerhalb sehr kurzer Zeit, circa 15 Minuten kommt es zu einer sehr starken Erregung, die sich oft in erotischer Hinsicht darstellt, einer Rauheit, Trockenheit und einem Kratzen in Mund- und Rachenbereich bis hin zum Kehlkopf. Durch die Austrocknung der Schleimhäute stellen sich Schluckbeschwerden und Sprachstörungen bis hin zum Sprachverlust ein. Der zum Teil quälende Durst kann durch die Schluckbeschwerden nicht gestillt werden. Die Haut hat eine scharlachrote Farbe und ist trocken und sehr heiß. Die Körpertemperatur ist sehr stark erhöht. Die Erregung des betroffenen Patienten steigert sich zu einer starken Euphorie, in der große Heiterkeit, Lachlust aber ebenfalls Weinkrämpfe auftreten können. Oft kommt es zu einem Drang des Patienten sich stark zu bewegen, einem Rededrang, Schreien und Irrereden. Diese Anfälle können sich im Verlauf der Intoxikation des öfteren ohne eine Vorankündigung wiederholen. Der Vergiftete kann sich nicht mehr räumlich und zeitlich zuordnen und erlebt Halluzinationen und Delirien. Kopfschmerzen, Schwindel, Zittern, Schwanken und Übelkeit sind ebenfalls vorhanden. der Patient wird bei einer reinen Intoxikation mit Atropin nicht erbrechen. Das Erbrechen ist sehr selten, dann aber meist initial. Die Erregung steigert sich zu regelrechten Tobsuchtsanfällen, zum Teil sogar mit allgemeinen klonischen Krämpfen, die eine epileptische Form haben und sehr plötzlich und unerwartet auftreten können. Die Pupillen sind maximal erweitert, dadurch kommt es zu einem Gefühl der Blendung und Lichtscheu bei glänzend wirkenden Augen. Die bis zu wochenlang anhaltenden Sehstörungen können in schweren Fällen bis zur Blindheit führen. Die Sehstörungen äußern sich in einem Doppeltsehen und dem Unvermögen Gegenstände in der Nähe scharf abzubilden. Im Kreislaufsystem zeigt sich die Vergiftung durch ein auffälliges Pulsieren der beiden Halsschlagadern, einem starken Herzklopfen mit starken Klopfen des Pulses. Zuerst wird bei dem Patienten eine Bradykardie beobachtet, die sich aber sehr schnell in eine Tachykardie mit bis zu 160 Schlägen / Min. und einem Blutdruckanstieg darstellt. Die Atmung ist stark beschleunigt und vertieft. Der Patient wird zunehmend bewusstlos, erschöpft und fällt in einen Schlafzustand, der einer Narkose ähnlich ist. Die bis zur Zeit anhaltende rote Farbe des Gesichtes ändert sich in eine bläuliche Farbe, die durch die schon längere Zeit bestehende Zyanose. begründet ist. Nun sinkt auch die Körpertemperatur unter den Normalfall. Der Patient ist nun auch kollaptisch. Aus diesem Stadium heraus kann sich der Vergiftete wieder erholen oder er verstirbt im Koma an der zunehmenden zentralen Atemlähmung. Maßnahmen: Bei einem vergifteten Patienten ist sofort medizinische Kohle zu geben. Als spezifisches Antidot kann Physostigminsalicylat gegeben werden. Die Dosis bei Kindern beträgt 0,5 mg und bei Erwachsenen 2 mg i.m. oder langsam i.v. . Diese Medikamentierung darf nur unter Monitorkontrolle vorgenommen werden. Bei einem erneuten Auftreten der Symptomatik kann dieses Antidot nachinjiziert werde. Die Versorgung mit einem Plasmaexpander ist ein selbstverständlicher Bestandteil der Notfallversorgung. Bei Krämpfen kann der Patient mit Benzodiazepinen, wie Diazepam oder Midazolam, oder mit kleinen Mengen an kurzwirksamen Barbituraten sediert werden. Opiate und Opioide dürfen nicht verabreicht werden. Unter gegebenen Umständen kann eine Intubation und eine Sauerstoffbeatmung notwendig werden. |